Die japanische Tätowierkunst
Geschichte und Bedeutung:
Die japanische Tätowierkunst ist geprägt von tiefer Symbolik. Hier finden Sie eine kleine Geschichte zu dessen Geschichte und Bedeutung.
Irezumi, formeller auch Horimono genannt, sind die traditionellen japanischen Tätowierungen, die den ganzen Körper bedecken. Sie basieren in der Regel auf Ukiyo-e (Genre-Bildern) oder Mythologie und sind vom typisch japanischen Kunstverständnis geprägt. Die japanische Ästhetik (Bigaku) legt Wert auf Subtilität, Harmonie und Eleganz, schätzt klar gegliederte Farbbereiche und zieht insgesamt das Schlichte dem Auffälligen vor.
Impressionen Japan
Irezumi – Japanische Ganzkörper Tätowierung
Für Irezumi verwendet man Sumi, eine Tusche, die seit dem 7. Jahrhundert in der Präfektur Nara hergestellt wird und deren hochwertigste Variante dort immer noch nach dem gleichen jahrhundertealten Verfahren produziert wird. Die japanische Tätowierkunst verwendet Tusche, die manuell in die Haut eingestochen wird – eine Technik, die man als Tebori bezeichnet. Tätowierkünstler, die diese Technik ausüben, heißen Horishi: Die Vorsilbe Hori bedeutet so viel wie graben oder einsetzten. Horishi gehören oft einer Familie an, die aus einem Meister und mehreren Deshi (Schülern) besteht. Wenn die Schüler sich selbstständig machen, nehmen sie den Familiennamen an, geben sich aber oft noch einen eigenen Künstlernamen, der mit „Hori“ beginnt, gefolgt von einer Nachsilbe ihrer Wahl, wenngleich diese traditionellerweise oft dem Namen des Sensei (Lehrer) entnommen wurde.
Irezumi (Darstellung)…
Stilkunde – Wabori, Yobori, Tebori
So unterscheidet sich die japanische Tätowierkunst und der westlichen Stil von einander. Dabei bezeichnet man japanische Tätowierung als Wabori und die westliche Art als Yobori. Zwar sind Tebori-Tattoos zeitaufwändiger zu stechen, doch die dabei entstehenden Farben und die Schönheit der Schattierungen (Bokashi) sind unvergleichlich. Zudem ist das Verfahren für Kunden weniger schmerzhaft als das Tätowieren mit der Maschine. Es gibt jedoch nur wenige Meister, die nach dieser Kunst praktizieren. Denn diese werden in der Regel erst nach vielen Jahren beherrscht. Dabei setzt die japanische Tätowierkunst auf das richtige Einbringen der Tusche. Folglich das muss erlernt werden und sich außerordentlich schwierig gestaltet. Die richtige Schattierung erfordert dazu den Einsatz verschiedener Techniken, um unterschiedliche Effekte zu bewirken. Schließlich muss ein Horishi auch die Komposition von Bildern und insbesondere die Ukiyo-e studieren, die die Basis der meisten Irezumi-Motive sind.
Von Umrisslinien und speziellen Nadeln
Viele Künstler stechen allerdings die Umrisslinien (Sujibori) mit der Maschine, selbst wenn sie auf Tebori spezialisiert sind. Einen Meister zu finden, der ausschließlich die Tebori-Technik anwendet, ist außerordentlich schwierig. Wenn man sich jedoch die erhaltenen tätowierten Hautstücke ansieht, die im Medizinischen Institut der Universität Tokio ausgestellt sind, wird eines deutlich: Die traditionelle Tattoo-Kunst hat sich seit der Edo-Zeit, als das Tätowieren seine erste Blüte erlebte, im Wesentlichen kaum verändert.
Die für Tebori verwendeten Werkzeuge unterscheiden sich von Künstler zu Künstler. Manche benutzen hölzerne Stäbe, andere dagegen solche aus Elfenbein oder Metall. Einerseits werden Nadeln (Hari) werden entweder in einer Nadelfabrik speziell angefertigt. Andererseits sind gewöhnliche, eigentlich für andere Zwecke vorgesehene Nadeln, vom Horishi oder seinem Deshi von Hand geschärft. Auch die Art und Weise, wie die Nadeln am Stab befestigt werden, ist je nach Künstler unterschiedlich. Manch einer verwendet dazu einfach Sekundenkleber und Faden, ein anderer Metallkartuschen, in die die Nadel eingesetzt werden.
Tusche und die japanische Tätowierkunst
Sumi ist die Schwarze Tusche, die aus zusammengepresstem Ruß von pflanzen besteht (z. B Kiefern oder Gemüsepflanzen) und für die Umrisse und Grauschattierungen für die japanische Tätowierkunst verwendet wird. Traditionelle japanische Tätowierungen werden zumeist in schwarz, grau und einem orange/roten Farbton ausgeführt. Diese werden Shu genannt. Die lebhaften Farben, die heute oft verwendet werden, sind für gewöhnlich aus dem Ausland importiert und werden in Läden für Tattoo-Bedarf in Flaschen verkauft. Shu ist eine prachtvolle rote Farbe mit einem leichten Stich ins Orange, wie bei einer Mandarine. Reste dieser Farbe wurden auf ausgegrabenen Gefäßen und Tonfiguren aus der Jomon-Zeit (10.000- 300 v. Chr.) gefunden. Symbol für das Feuer oder die Sonne wurde Shu oft bei Shinto-Zeremonien verwendet.
Schon in der japanischen Frühgeschichte gibt es sporadische Zeugnisse für das Vorkommen von Tätowierungen. Der früheste Belegt datiert um 500 v. Chr.: Haniwa (Tonfiguren) aus dieser Zeit, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, weisen mit Zierlinien geschmückte Gesichter auf. Auch das japanische Urvolk der Ainu schmückte sich schon vor Jahrtausenden mit Stammestätowierungen. Diese Form des Tattoos wurde im Rahmen von Hochzeitsritualen gestochen.
Chroniken der Drei Reiche
In den chinesischen „Chroniken der Drei Reiche“, die Chen Shou im 3. Jahrhundert verfasste, ist von tätowierten Japanern die Rede, und das Nihonshoki („Chronik Japans in einzelnen Schriften“, 720), das zweitälteste noch existierende japanische Geschichtswerk, berichtet von Straftätowierungen. In dem Roman „Kosjoku Ichidai Otoko“ („Yonosuke, der dreitausendfache Liebhaber“, 1682) von Ihara Saikaku wird erwähnt, dass sich Prostituierte mit Tätowierungen schmücken. Und auch in Fujimoto Kizans Werk „Shikido Okeagami“ („Großer Spiegel der erotischen Wege“, 1678) kommen Szenen mit tätowierten Frauen vor. Daraus entwickelt sich die japanische Tätowierkunst weiter.
Im Norden der Provinz wurde es Anfang der 18. Jahrhunderrts gängige Praxis, Straftäter mit Hautzeichnungen zu stigmatisieren. Schon für kleinste Vergehen wurde das Kanji für „Hund“ auf das Gesicht des Täters und ein Band auf seinen Arm tätowiert. Auch Angehörige der niederen Stände wurden oft mit Tätowierungen gekennzeichnet. Manche nutzten die Möglichkeit, solche Male mit dekorativen Tätowierungen zu verdecken, und diese Verbindung zwischen Tätowierungen und Kriminellen, der Unterwelt und der Unterschicht wird bis zu einem gewissen Grad noch heute hergestellt.
Eine andere Form der Tätowierungen, die in der japanischen Geschichte dokumentiert ist, sind Irebukuro: In der Edo-Zeit der Epoche, als Tätowierungen insgesamt populär zu werden begannen – ließen sich Gläubige buddhistische Gebete oder Mantras in die Haut einstechen.
Ukiyo-e, die Wurzeln der traditionellen Tätowierung
Die Wurzeln der traditionellen japanischen Tätowierungen, wie wir sie heute kennen, liegen in den Ukiyo-e Genrebildern. Obgleich diese vor allem in Form und Holzschnitt-Grafiken publiziert wurden, war das ursprüngliche Verbreitungsmedium die Malerei. Ukiyo-e wurden in der Edo-Zeit (1603) populär, und da sie oft in großer Stückzahl produziert wurden, fanden sie besonders bei den einfachen Stadtbewohnern großen Anklang, die sich keine Originalgemälde leisten konnten. Insgesamt war die Edo-Zeit eine Epoche, in der die Populärkultur florierte, etwa in Form von Romanen, Kabuki-Theater und volkstümlicher Malerei.
Als die Ukiyo-e aufkamen, galten sie als revolutionär – sozusagen ein optisches Äquivalent zum Buchdruck. Sie fanden nicht nur als Druckgrafiken und Buchillustrationen Verwendung, sondern manchmal sogar als Werbeplakate. Typischerweise zeigten sie Szenen aus der „fließenden Welt“ dem Vergnügungsviertel im Tokioter Bezirk Yoshiwara (heute Asakusa). Dort treffen sich tagtäglich Schauspieler der Kabuki-Theater (einer traditionellen japanischen Theaterform). Auch fanden sich hier Sumo-Ringer, Kurtisanen und andere Schönheiten in Teehäusern und Gärten zusammen. Zu den berühmtesten Ukiyo-e Künstlern gehörten Katasushika Hokusai (1760-1849), Ando Horshige (1797-1858), Toshusai Sharaku (aktiv 1794-1795), Kawanabe Kyosai (1831-1889) Utagawa Kuniyoshi (1797-1861), Tsukioka Yoshitoshi (1839-1892) und Kitagawa Utamaro (1753-1806).
Ukiyo-e und die Edo-Periode
Im Gefolge der Ukiyo-e erlebten auch die Tätowierungen während der Edo-Periode eine Blüte. Ganzkörpertätowierungen wurden aufgrund von Illustrationen zu dem chinesischen Roman „Suikoden” populär: Der heroische Protagonist dieses Romans wurde dort mit neun eintätowierten Drachen dargestellt, und auch die anderen Hauptpersonen waren mit tätowierten Motiven geschmückt, wie sie in der Welt des japanischen Tattoos noch heute gängig sind – chinesische Löwen, Tiger, Blumen, buddhistischen Göttern und Göttinnen usw. Die Suikoden-Drucke, insbesondere die des Künstlers Utagawa Kuniyoshi, waren ungemein beliebt, und bei den Stadtbewohnern wurde es große Mode, sich ähnliche Tätowierungen stechen zu lassen.
Symbole, Helden und Legenden
Das Heldentum der Robin-Hood-artigen Siukoden-Banditen sprach viele Menschen an, ob Handwerker, Händler oder auch Kriminelle. Feuerwehrmänner ließen sich zudem tätowieren um sich zu schützen – vor allem mit Glück verheißenden Symbolen wie Drachen, die angeblich das Wasser anziehen. Und diese Tradition hat sich bis heute erhalten.
Die ersten Tätowierer waren die Holzschnittkünstler selbst, doch nach und nach gab es immer mehr Künstler, die sich ganz dem Tätowieren widmeten – die ersten Horishi. Einige erlangten schließlich Berühmtheit, wie etwa der 1843 geborenen Horionu, der heute von den meisten traditionellen Künstlern als der bahnbrechende Horishi seiner Zeit angesehen wird.
Shogun Tokugawa und die Edo-Zeit
Unter dem Regime der Tokugawa, der in der Edo-Periode herrschenden Shogun-Dynastie erlebte Japan im Wesentlichen eine Friedenszeit. Neo-konfuzianische Prinzipien, insbesondere die gesellschaftlichen Ideale der Philosophen Chu Hsi, übten großen Einfluss aus. Gleichzeitig war diese Epoche auch eine der kulturellen Isolation: In Reaktion auf die unerwünschten Aktivitäten portugiesischer und spanischer Missionare, die in den Jahrzehnten vor Beginn der Edo-Zeit nach Japan gekommen waren, wurde das Land nun vom Rest der Welt abgeschnitten.
Japan blieb isoliert, bis der amerikanische Commodore Perry das Land 1853 zwang, sich für den internationalen Handel zu öffnen. Die wurde zu einem der wesentlichen Katalysatoren für die Meiji-Restauration, eine Periode umwälzender kultureller Reformen und Modernisierungsbestrebungen.
Meiji-Restauration und die Neuzeit
Nach dem Jahr 1868, der Zeitenwende der Meiji-Restauration, wurden Irezumi von der Regierung verboten, da man befürchtete, dass sie bei Ausländern Anstoß erregen würden. Paradoxerweise waren die Reaktionen der Besucher jedoch positiv, und selbst der englische König Georg V. Und Zar Nikolaus II. erkannten den ästhetischen Wert von Tätowierungen und ließen sich Hautbilder stechen. Infolgedessen wurden Ausländer vom Tätowierverbote ausgenommen. Für Japaner galt es jedoch bis 1945 weiter, sodass Tätowierer im Untergrund abreiten konnten – vornehmlich für Kunden aus der Unterwelt oder der Arbeiterschaft.
Schon vor dem 2. Weltkrieg, insbesondere aber danach übernahmen die Japaner in zunehmendem Maß Elemente der westlichen Kultur – eine Tendenz, die sich bis heute fortsetzt und auch in der Tattoo-Szene unverkennbar ist. Nachdem der legendäre amerikanische Tattoo-Künstler Sailor Jerry in der 1960er-Jahren die japanische Tätowierung für sich entdeckte, begannen Ost und West sich gegenseitig zu beeinflussen. Sailor Jerry gastierte im Studio des japanischen Künstlers Horihide und umgekehrt. Orientalische Motive wurden von westlichen Tätowierern übernommen, und westliche flossen in die japanische Tätowierkunst ein. Hier liegen die Anfänge der modernen Tattoo-Szene, die wir heute in Japan sehen.
Der Bildkanon der japanischen Tätowierkunst
Die Motive für japanische Tätowierkunst werden sehr oft eher wegen ihres ästhetischen Wertes als wegen ihrer Bedeutung gewählt. Dennoch verkörpert jedes Motiv, sei es eine Pflanze, ein Tier oder ein mythisches Wesen, bestimmte Züge, Konzepte oder Eigenschaften. Auch buddhistische Motive werden häufig verwendet, ganz gleich ob der Träger religiös ist oder nicht.
Doch wenn der visuelle Reiz eines Bildes für die Kunden auch Vorrang haben mag, ziehen viele trotzdem den Bedeutungshintergrund mit in Betracht. Beispielsweise werden bestimmte Götter tätowiert, weil der Kunde ihren Schutz sucht oder die positiven Eigenschaften bewundert, die ihnen zugeschrieben werden. Umgekehrt kommt es gelegentlich auch vor, dass ein Kunde ein böses Wesen wie einen Dämon oder einen hinterlistigen Geist, etwa einen Fuchs mit neun Schwänzen, genau deswegen haben will. Und dies, weil diese als derart bösartig gelten, dass andere negative Geister abgeschreckt werden.
Die Bedeutungen, die hinter den Motiven der japanischen Tätowierungen stehen, gehören zu den faszinierendsten Aspekten dieser Kunst. Sei es nun ein folkloristisches, religiöses oder mythologisches Motiv – jedes hat seinen eigenen symbolischen Wert.
Pflanzen/Blumen/Insekten …
Kirschblüte – Sakura 桜
Die Blüte des Kirschbaums – Japans Nationalblume und auch oft in Familienwappen verwendet – ist die Lieblingsblüte der Japaner. Sie gilt als das Symbol der Freude und steht für den Jahreskreislauf der Natur. Jedes Jahr im Frühling ruft das schnelle Erblühen der Kirschbäume und das anschließende Abfallen der Blüten den Menschen im ganzen Land ins Bewusstsein, dass alles in der Natur vergänglich ist. Es gibt verschiedene Kirscharten, so etwa die häufig vorkommende Somei Yoshino (Bergkirsche) oder die Shidare Sakura (Hängekirsche).
Plum – Ume 梅
Pflaumenblüten, von den Japanern von alters her geliebt, kündigen ähnlich wie Kirschblüten den Einzug des Frühlings an, da die Pflaumenbäume im Winter blühen. Auf Bildern wird häufig das Rosa der Ume im Kontrast zum harschen Weiß einer Schneelandschaft dargestellt. Die Pflaumenblüte gilt als Glückssymbol.
Chrysantheme – Kiku 菊
Die Chrysantheme ist die Symbolblume des japanischen Kaiserhauses, Sie wurde aus China importiert, und dem Volksglauben nach bringt sie ein langes Leben. Sie blüht im Herbst und wesentlich länger als viele andere Blumen.
Pfingstrose – Botan 牡丹
Die ursprünglich aus China stammende Pfingstrosen, die in Frühling und Sommer blühen, stehen für die Vornehmheit und Wohlstand und dienten auch als Symbol für das Kaiserhaus. In der Kunst werden sie häufig zusammen mit Schmetterlingen und Löwen dargestellt.
Lotos – Hasu 蓮
Der Lotos blüht im Sumpfland und auf schlammigen Teichen und ist damit ein Sinnbild für die Vorstellung, dass Schönheit auch aus der Dunkelheit hervorgehen kann. Zudem steht er für Wahrheit, Glauben, die Reinheit der Seele und das spirituelle Erwachen und wird oft in der buddhistischen Symbolik verwendet.
Wellen – Nami 波
Auch Wellen sind ein Glückssymbol, und sie werden bei Tätowierungen häufig als Hintergrund verwendet. Das Auf und Ab der Wellen gilt als Sinnbild für Ewigkeit und ein langes Leben.
Schmetterlinge – Cho 蝶
Schmetterlinge stehen für die Wiedergeburt oder Metamorphose. In Japan sieht man Geister in ihnen, die ihre Gestalt wandeln können. Sie sind mit den positiven Konnotationen Freiheit und Anmut belegt, können aber auch den Tod oder Unmoral, Genuss und Promiskuität versinnbildlichen.
Kultur/ Folklore
Kabuki-Theater und die japanische Tätowierkunst
Kabuki – ist eine Form des klassischen Theaters, die den Höhepunkt ihrer Popularität in der Edo-Periode (1603-1867) erreichte. Das Kabuki-Theater war vor allem beim Volk beliebt, während der Adel das ältere, spirituelle Noh-Theater vorzog. 1629 verbannte das Tokugawa-Shogunat alle Schauspielerinnen von der Bühne. Seitdem werden sowohl männliche als auch weibliche Rollen von Männern dargestellt. Die Schauspieler bedienten sich stark stilisierter Gesten. Kabuki-Stücke lassen sich in drei Kategorien aufteilen – historische Stücke, Tanzstücke und Stücke aus dem Leben des Volkes. Aus Ukiyo-e Druckgrafiken waren oft Porträts von Kabuki-Darstellern zu sehen.
Suikoden
Suikoden – basiert auf dem chinesischen Roman „Shui Hu Zhuan”, der von Shi Naian und Luo Guanzhong geschrieben wurde. In der Edo-Zeit bildete der Ukiyo-e Künstler Kuniyoshi die 108 Helden aus diesem Roman auf Einzelblättern ab und stellte sie dabei mit Tätowierungen dar. Diese Drucke trugen außerordentlich viel dazu bei, Tätowierungen bei der breiten Masse populär zu machen, da sie nun als modisch galten und das Volk den Robin-Hood-artigen Helden aus dem Roman nacheifern wollte.
Kintaro
Kintaro – Eine Figur aus einem japanischen Volksmärchen. Dargestellt ist ein Junge mit übermenschlichen Kräften, der in den Bergen aufwächst. Hier schließt er mit Tieren Freundschaft, und wird später zu einem tapferen Krieger. Es ist Brauch, dass Eltern zum japanischen Knabenfest Kintaro-Puppen schmücken, in der Hoffnung dass ihr Sohn so tapfer und stark wie Kintaro wird.
Fabelwesen/Tiere und japanische Tätowierkunst
Drache – Ryuu 竜
Der Drache steht als Symbol für Männlichkeit, Macht und Stärke, den Osten, das männliche Yang und den Regen. Der asiatische Drache mit seinem schlangenförmigen Körper tauscht in der Kunst schon im 9. Jahrhundert auf. So belegen es zahlreiche Tuschebilder aus der Zeit der Tang-Dynastie. Drachen werden mit dem Wasser und dem Himmel assoziiert und symbolisieren zudem die kaiserliche Macht. Der chinesischen Kosmologie zufolge gibt es auch fünf Arten von Drachen, die die Elemente repräsentieren. Chinesische Drachen haben fünf Zehen, die japanische Tätowierkunst zählt dagegen nur drei. Auch gibt es viele verschiedene Drachen: Tatsu ist dabei der Sammelname. Die Unterarten sind beispielsweise Kouryu, Zaryu usw. Danach besitzen alle ihre speziellen Eigenschaften haben. Oft bildet man Drachen in Verbindung mit Wasserfällen oder Schwertern ab. In der japanische Tätowierkunst werden vorwiegend dunkelgrüne oder bläulich-schwarze, kühle Farbtöne verwendet. Doch Drachen können je nach Art auch rot, weiß oder gelb sein.
Tiger – Tora 虎
Eines der räuberischen Säugetiere. Der Tiger gilt daher als Symbol für Mut, Stärke, Schönheit und Vervollkommnung. In der chinesischen Kosmologie steht der Tiger dagegen für das Weibliche, den Weste und die Elemente Erde und Wind. Da Tiger nächtliche Tendenzen haben und bei Einbruch der Dunkelheit am aktivsten sind, symbolisieren sie auch die dunkle Seite der Seele mit Zügen wie Wildheit, Eifersucht, Grausamkeit und Schlauheit. So gilt der Tiger als Rivale des Drachens und kann gemeinsam mit diesem in einer Tätowierung abgebildet werden. Damit entsteht ein Gleichgewicht zwischen den Eigenschaften beider Elemente.
Phoenix – Hô-ô 鳳凰
Gilt als Vogel des Paradieses und der Liebe. Er entstammt der chinesischen Mythologie und ist ein Sinnbild für Frieden, Anmut und Güte. Der Sage nach ist der Phönix Abkömmling eines Hiryu-Drachens und der Diener des Himmlischen Herrschers, der Glück bringt. Vermutliche kam der Phönix zu der zeit, als Korea noch in drei Königtümer unterteilt war, aus dem kulturell Nordchina nahe stehenden koreanischen Königreich Shiragi nach Japan. In Japan symbolisiert der Phönix auch die Wiedergeburt in Amidas Reinem Land.
Karpfen – Koi 鯉
Die japanische Tätowierkunst stellt diesen Fisch sehr häufig dar. Denn er lebt außerordentlich lange und gilt damit als Sinnbild für Ausdauer. Und das, weil er stromaufwärts schwimmt. Daher wird der Koi als Glück verheißendes Symbol gesehen. Der Chinesische Legende nach verwandelt sie ein Karpfen in einen Drachen, wenn es ihm gelingt, durch das Drachentor im Gelben Fluss zu springen. Übrigens wird das Wort „Koi“ genauso ausgesprochen wie das japanische Wort für Liebe.
Goldfisch – Kingyo 金魚
1502 wurden erstmals Goldfische in Japan eingeführt, als Haustiere für den Adel. Der Goldfisch gilt als außerordentlich günstiges Symbol und steht in der chinesischen Kultur für Erfolg. In der Edo-Periode wurden Goldfische in Japan bei Menschen aus allen Schichten populär. Im Sommer pflegte man Kingyo von Straßenverkäufern zu erstehen, und Goldfische in kleinen Flaschen sind ein Motiv, das häufig auf Ukiyo-e auftaucht, die sommerliche Szenen darstellen. Ein sehr beliebtes Motiv für die japanische Tätowierkunst.
Löwe – Shishi 獅子
Shishi dienen als Wächter vor buddhistischen Tempeln werden oft in Paaren dargestellt, einer mit offenem Maul und einer mit geschlossenem. Sie sind jedoch nicht nur Beschützer, sondern haben auch ein verspieltes Wesen. In einem Lied aus deinem Noh-Theaterstück wird beschrieben, wie der Karashishi – ein Löwe, der einer buddhistischen Gottheit dient – an den blühenden Pfingstrosen entlang tanzt und den ewigen Frieden feiert.
Buddhismus und japanische Tätowierkunst
Bonji / Heilige Schrift des Buddhismus
Bonji – auch unter der Bezeichnung Siddham bekannt, bezeichnet die Heilige Schrift des Buddhismus. Eine Reihe esoterischer buddhistischer Sekten verwendet die Texte dazu, um Mantras und Sutras in Sanskrit zu schreiben. Bestimmte Symbole repräsentieren darin Buddhas und Bodhisattvas. Außerdem verzeichnet der heilige Kanon 51 Grundzeichen. Kukai, ein berühmter Mönch aus der Heian-Zeit und Vertreter des esoterischen Buddhismus, brachte diese Schrift im Jahr 806 n. Chr. Von China nach Japan.
Nyorai / Buddha
Nyorai – bedeutet Buddha, so steht beispielsweise der Erleuchtete Saka Nyorai für Siddharta Gautama, einer der zahlreichen Buddhas. Er wurde um 566 v. Chr. In Indien nahe der Grenze zu Nepal geboren. Er erfuhr die Erleuchtung und erkannte und vermittelte die kosmische Wahrheit des Mitgefühls und der Weisheit. Auf Bildern wird er für gewöhnlich entweder als Neugeborener oder im Meditationssitz dargestellt.
Amida Nyorai – ist der Buddha des Unendlichen Lichts und Lebens und der Gott des Jenseits. Er ist einer der Nyorai der fünf Weisheiten. In Japan ist er besonders populär, weil er grenzenlos barmherzig ist, und wird von Gläubigen angerufen, die die Erlösung suchen. Sein buddhistischen Paradies, das Reine Land, liegt im Westen. Künstlerische Darstellungen zeigen Amida Nyorai zumeist meditierend im Lotussitz, beim Predigen oder bei der Begrüßung von Toten in seinem Land.
Bonten / Brahma
Bonten – Japanisch für Brahma, der obersten Hindu-Gott. Er wird oft mit vier Armen, vier Gesichtern, drei Augen und auf einer Wildgans sitzend dargestellt.
Bosatsu – ist ein anderes Wort für Bodhisattvas und bezeichnet Gottheiten, die in der Hierarchie nach den Buddhas kommen. Bosatsu suchen die Weisheit und verkörpern das Mitgefühl. Im esoterischen Buddhismus sind viele Bosatsu Emanationen von Nyorai.
Kannon / die Schutzgottheiten
Kannon Bosatsu – ist die buddhistische Gottheit, deren Verehrung am weitesten verbreitet ist und deren Figur man oftmals in japanischen Tempeln findet. Als Schutzgottheit strebt Kannon unermüdlich danach, alle Wesen vom Leid zu erlösen. In Japan wird Kannon eher als weibliche, zierliche Figur, in anderen Kulturen dagegen mit männlichen Zügen dargestellt. Am häufigsten zeigt sich die Gottheit mit einer Krone. Dazu schmückt die Figur eine kleines Bild von Amida und eine Lotosblüte. Oder sie trägt eine mit Wasser gefüllte Vase in der Hand. Neben Sho Kannon, dem bekanntesten Kannon Bosatsu, gibt es noch zahlreiche andere Manifestationen (insgesamt 33), so z. B. Juchimen Kannon Bosatsu mit den elf Gesichtern, oder Fukukenjaku Kannon Bosatsu, der ein Seil in der Hand hat, um Menschen zu retten, und eine prächtige Krone trägt. Ebenso sticht Senju Kannon Bosatsu hervor, auf dessen tausend Handflächen jeweils ein Auge zu sehen ist.
Japanische Tätowierkunst trifft Wächter, Götter und Dämonen
Myô-ô / Wächter und Dämonen
Myô-ô – sind Wächter, die die Dinge bekämpfen, die die Menschen an der Erleuchtung hindern. Zum Beispiel vor der Selbstsucht. Dabei hilft ihnen Myô-ô, zu einer barmherzigen Handlung zu finden. Die beeindruckenden Wächterfiguren des Myô-ô sehen sehr dämonisch aus.
Fudomyô-ô / Der Wächter, der im Feuer sitzt
Fudomyô-ô – ist der bekannteste Myô-ô. Er wirkt sehr furchteinflößend und wirft oft im Feuer sitzend dargestellt, in den Händen ein Schwert und ein Seil, womit er die inneren Dämonen bekämpft. Das Schwert versinnbildlicht Buddhas Entschlossenheit, den Pfad der Erleuchtung zu beschreiten. Es weist darauf hin, dass man selbst das Unglück als Möglichkeit erkennen sollte, den Weg zum Glück zu finden. Fudomyô-ô erkennt man an der Lotoskrone. In Japan verspricht man sich von ihm oft Schutz, sowohl im häuslichen Umkreis als auch im Geschäftsleben.
Aizen myô-ô / Gott der Liebe und des Begehrens
Aizen Myô-ô – ist der Gott der Liebe und des Begehrens. Ursprünglich eine Hindu-Gottheit, fand Aizen Myô-ô Eingang in den Buddhismus und wurde in der Heian-Zeit von Kuai in Japan eingeführt. Er wird mit drei Augen, vier bis sechs Armen und roter Haut abgebildet. Er kann eine Glocke tragen, einen Stock, einen Blitzstrahl, eine Lotosblüte, einen Bogen oder einen Pfeil, der die Herzen der Menschen durchbohrt.
Ashura / Gott mit den drei Köpfen
Ashura – Halbgötter mit drei Köpfen und sechs Armen. Sie bezeichnen Wesen, die in den sechs Daseinsbereichen, die der Buddhismus kennt, direkt unter den Menschen stehen. Ihr Ursprung stammt aus Indien. Dort wurden sie in den Buddhismus integriert. Seither gelten sie in Japan als Kriegsgeister mit sowohl guten als auch bösen Aspekten.
Emma-ô / Gott der Unterwelt
Emma-ô – ist der Gott der Unterwelt und Richter der Toten, der in den gelben Quellen unter der Erde lebt. Seine Schwester richtet über die weiblichen Toten. In Japan wird Emma-ô als Mann mittleren Alters mit einem dicken Bart dargestellt, der mit einem chinesischen Gewand bekleidet ist. Oft trägt er einen Stab, auf dem ein menschlicher Kopf steckt. Auch sitzt er für gewöhnlich auf Abbildungen zu Gericht und trägt dabei die Kappe eines Richters.
Kongo Rikishi / Tempelwächter
Kongo Rikishi – sind zwei Wächterfiguren. Seit der Nara-Zeit bewachen sie hier oft die Tempeleingänge. Dabei hat einer von ihnen stets den Mund geöffnet, der andere hat ihn dementgegen geschlossen. Beide Wesenheiten stehen für Tod und Geburt. Sie sehen meist grimmig aus und werden mit nacktem Torso dargestellt.
Tennyo / Himmlische Jungfrau
Tennyo – sind himmlische Jungfrauen, die in vielerlei Gestalt auftreten können, zum Beispiel als Benzaiten und Kariteimo.
Benzaiten / Göttin der Liebe
Benzaiten – (oder Benten) wird in der Sutra von Goldenen Licht gerühmt, einer bedeutenden buddhistischen Sutren. Sie ist die japanische Göttin der Liebe, Schönheit, Kunst und Musik. In Japan sind ihr viele Schreine geweiht, und typischerweise wird sie als junge Frau mit einer Laute abgebildet. Allerdings gibt es auch andere Erscheinungsformen – so ist sie etwa im Senso-ji, einem berühmten Tempel im Tokioter Stadtteil Asakusa, als alte Frau dargestellt. Benzaiten zählt zu den Sieben Glücksgöttern, die auf einem Schätzen beladenen Schiffen reisen und Glück bringen.
Shichifukujin / Die Sieben Glücksgötter
Shichifukujin – die japanische Tätowierkunst bezeichnet mit den Sieben Glücksgöttern eine Gruppe himmlischer Wesen. Japan, Indien und China verehren Shichifukujin. Bereits seit dem 16. Jahrhundert werden die Wesenheiten als zusammengehörig dargestellt. Zu ihnen zählen Benten, Bishamon, Daikoku, Ebisu, Fukurokuju, Hotei und Jurojin. Die sieben Gottheiten stehen für die wesentlichen Tugenden und Werte. Dazu zählen Aufrichtigkeit, Glück, Liebenswürdigkeit, Beliebtheit, langes Leben, Vornehmheit und Großmut sowie für verschiedene Wünsche. Obendrein soll es Glück bringen, wenn man zu Beginn des neuen Jahres mit einem Bild der sieben Gottheiten unter dem Kopfkissen schläft.
Geschichte, Symbolkraft und viele Hintergründe begründen die japanische Tätowierkunst.
Weitere Links:
Irezumi (mit Bildbeispielen)